EIN MANN DER DIREKTEN WORTE

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Direkt, kreativ, weltenbezogen – so würde ich die Aufführung von Stephan Krawczyk in drei Worten zusammenfassen. Innerhalb von eineinhalb Stunden trug dieser im Rahmen einer Schulveranstaltung der Klassenstufe elf des Rudolf-Hildebrand-Gymnasiums seine Lebensgeschichte vor, indem er seine Leidenschaft der Musik und Literatur mit dieser verband.
Das Programm startete mit Grußworten vom Fachbereichsleiter Deutsch, welcher die Veranstaltung treffend einleitete, indem er die Künstliche Intelligenz ChatGPT zitierte und Stephan Krawczyk als Träumer und virtuosen Musiker betitelte. Damit stellte sich bereits zu Beginn der Publikumsbezug dar, welcher auch von Krawczyk aufgegriffen wurde, indem er zugab, dass seine Musik nicht dem gängigen Musikgeschmack der gegenwärtigen Jugend entspräche und er dennoch den Mut haben wolle uns sein Lebenswerk vorzutragen. Für mich stellte sich dies als herausragend selbstbestimmt dar und war beeindruckend. Chronologisch erzählte er von seinem Leben und dem Machtmissbrauch der StaSi in der DDR, welche seine Existenz schließlich dominieren sollte. Zu Beginn band er jedoch zunächst ein Vorbild von ihm ein, Joachim Ringelnatz, dessen Lieder er vertonte. Der Ringelnatz-Verein hat außerdem die Veranstaltung organisiert.
Im Zuge der Vorstellung des Liedes „Der Nagel“ sowie eines Matrosenliedes, stellte sich unmittelbar die stilistische Reichhaltigkeit seiner Texte heraus, welche in den folgenden selbstgeschriebenen Liedern ergänzt werden würden. Die Texte sind durch Personifikationen, Sinnbilder und rhetorische Fragen gekennzeichnet, die meist in einer Ironie enden. Durch dessen Verwendung brachte er stets Emotion und Stimmung mit dem Inhalt zusammen. Zusätzlich wurden diese durch Melodik und Rhythmus verstärkt.
Bemerkenswert war außerdem, dass die Inhalte durch verschiedene Charaktere, welcher er durch Dialekte und Stimmlagenveränderung imitierte, vermittelt wurden. Schonungslos direkt erzählte er vom Suizid seines Vaters und dem Schicksal von einigen seiner Mitinsassen im Gefängnis. Ich bin überzeugt, dass eben diese direkte Umgangsform zu seinem Erfolg beigetragen hat. Es ist das Kernelement seines künstlerischen Daseins.

Demnach äußerte er sich ebenso direkt zu den nebensächlichen Inhalten auf Wikipedia zu seiner Person, welche er zu ändern versuchte und daran scheiterte. Er bezeichnete die Website als ideologisch und bemängelte den fehlenden inhaltlichen Anteil seiner Kunst in den Artikeln. Gleichzeitig reagierte er auf eine Frage eines Schülers hinsichtlich seiner politischen Einstellung, indem er sich gesellschaftskritisch hinsichtlich der Intoleranz der rechten politischen Bewegung äußerte. Zu einer pluralistischen Gesellschaft gehöre Rechts, Mitte und Links. Leider überdeckte die politische Äußerung, dass die Linken sich die Welt machen, wie sie wollen, die künstlerische Darbietung, da diese unter den Schüler primär diskutiert und kritisiert wurde und die Lebensgeschichte in den Hintergrund trat.
Als Bericht eines Zeitzeugen seiner Zeit war die Erzählung der gesellschaftlichen Zustände mehr als bereichernd. Der emotionale Anteil und die Grausamkeit der diktatorischen Maßnahmen, welche beispielsweise in einem Mordanschlag durch Nervengift an seiner Frau oder durch die Beschattung von 82 Spitzeln ausgeübt wurde, kamen unmittelbar an und wurden von einem theoretischen Anteil einer Unterrichtseinheit auf eine reale, bewusste und erfassbare Ebene gehoben.

Krawczyk erzählte, dass es sein Ziel ist, einen erzählerischen Faden in seine Werke einzubauen, um jenes Fehlen der Meinungs- und Pressefreiheit zu durchbrechen. Dies tat er auch, indem er die Geschichte von Simon und Roland erzählte, welche sich bei einem Klassenausflug von Simon im Westen trafen und anschließend Freunde wurden. Die Wertung des Systems wurde in diesem durch eine jugendliche Naivität ausgedrückt. Dabei hat Krawczyk zwei Welten und Kulturen verbunden, deren Unterschiede herausgestellt und das Zeitlose und Alltägliche, wie die Abhängigkeit des Jugendlichen von den Erwachsenen in eine Zeitgeschichte einband.
Stephan Krawczyk nimmt sein Publikum mit, unterwirft die Gesellschaft einer schonungslosen Kritik und ist ein geprägtes Kind seiner Zeit. Doch eben diese Eigenschaften machen seine Vorstellung bereichernd und unabdingbar für Schüler und Schülerinnen. Hinsichtlich der historischen Inhalte wurden andere Zeitzeugenberichte jedoch überwiegend nur erweitert und es war wenig neues dabei. Ihm muss jedoch durch seine alternative Form der Umgangsweise im damaligen System ein Alleinstellungsmerkmal zugeschrieben werden.
Diese Schulveranstaltung war edukativ und außergewöhnlich und hat meinen Horizont hinsichtlich vieler Lebensbereiche erweitert und mir gezeigt, dass eine direkte und selbstkritische Meinung ebenso bereichernd als auch zweckdienlich für Menschen sein kann.

Mia Mahlau (11)

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